Die "Gleichschaltung" in Dillingen

Anfänglicher Widerstand

Bereits am 10. März 1933 werden in Bayern das Reichsbanner und die Eiserne Front verboten. Am 12.03.1933 meldet der Donaubote die Verhaftung der Führer der Reichsbanner-Organisation im Landkreis, darunter der Führer des Reichsbanners Dillingen, Ferdinand Schuster, und der Führer des Reichsbanners Schretzheim, 2.Bürgermeister Michael Durner. Die Fahnen werden beschlagnahmt.

Noch am 09. März stellt sich der letzte demokratische Stadtrat in Dillingen zusammen mit Bürgermeister Hogen gegen das Ersuchen der NSDAP-Kreisleitung, am 10. März 1933 beim Rathaus die Hakenkreuzfahne hissen zu dürfen.

Die Bürger Dillingens haben sich bei den letzten Wahlen mit überwiegender Mehrheit gegen das Hakenkreuz ausgesprochen, begründet Bürgermeister Hogen seine ablehnende Haltung. In der Aussprache stellen sich auch die beiden SPD-Stadträte Bold und Handschuh gegen die Hakenkreuzfahnen Hissung.

Aber auch dies kommt im Stadtratsbeschluss zum Ausdruck:

... gegen das zwangsweise Aufziehen der Fahne wird protestiert, da es sich um eine Parteifahne handelt. Auf Gewaltanwendung lässt man es nicht ankommen.

Darauf baut auch NSDAP-Kreisleiter Kunkel und marschiert mit dem SA-Sturm aus Lauingen zur Hakenkreuzfahnen-Hissung vor das Dillinger Rathaus. Auch wenn der Fahnenmast zum Ärger der Nazis dabei bricht, es ist nur ein kurzer Aufschub bis zur "Machtergreifung" auch in Dillingen.

Die "Gleichschaltung" beginnt

Am 26. März 1933 hat sich das Blatt auch in Dillingen gewendet. Bürgermeister Hogen hat die Stadträte zu einer "Außerordentlichen Sitzung" zu ungewöhnlicher Stunde, am Sonntag vormittag um 11:00 Uhr, in den Großen Rathaussaal geladen. So vermerkt das Protokoll über 100 Zuschauer, darin heißt es:

Der große Sitzungssaal war heute der Schauplatz einer denkwürdigen außerordentlichen Sitzung des Stadtrates Dillingen. Der Saal war reich geschmückt mit schwarz-weiß-roten Hakenkreuz- und weiß-blauen Fahnen.

Bürgermeister Dr. Hogen verweist auf die Rede Hitlers vor dem Reichstag am 22. März 1933 (Ermächtigungsgesetz) und fährt fort:

Ich halte es deshalb für richtig, dass wir der Öffentlichkeit gegenüber zum Ausdruck bringen, dass auch wir uns ohne Rückhalt hinter die nationale Regierung stellen, von der wir Deutschlands Rettung erwarten.

"Zum äußeren Zeichen unserer Gesinnung" schlägt dann Bürgermeister Dr. Hogen vor, die Große Allee in Hindenburg-Allee und die Gabelsberger Straße in Adolf-Hitler Straße umzubenennen. Diesem Vorschlag stimmen alle anwesenden Stadträte (auch die der SPD) einstimmig zu.

Die Anwesenden sangen mit großer Begeisterung zwei Strophen des Deutschlandliedes. Am Rathaus wurden die schwarz-weiß-rote Hakenkreuzfahne und die weiß-blaue Fahne gehisst, und im Hof des Rathauses knallten die Salutschüsse.

...so schließt das Protokoll jener "denkwürdigen Stadtratsitzung".

"Gleichschaltung" auch im Stadtrat

Auch vor dem Stadtrat macht die "Gleichschaltung" nicht halt. Auf Grund des Gleichschaltungsgesetzes vom 07.04.1933 wird der Stadtrat aufgelöst. Am 22. April 1933 erfolgt die Neubesetzung des Stadtrates. Am 25.04.1933 konstituiert sich der letzte "mehrparteiige" Stadtrat neu. Die Zusammenstellung erfolgt unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Reichstagswahlen vom 05.03.1933. Die Stadträte sind von den Parteien benannt worden.

Nachdem sich die SPD am 28.03.1933 in Dillingen aufgelöst hat, hat sie auch kein Vorschlagsrecht mehr für den ihr an und für sich zustehenden Stadtratsitz. Bei korrekter Sitzverteilung stünden BVP 10 Sitze, NSDAP 5 Sitze und den Deutsch-Nationalen 1 Sitz zu. Tatsächlich besetzen die Nazis (einschl. 2. BM Maas) 9 Sitze, die BVP nur 7 Sitze.

Auf Grund von Verhandlungen konnten wir erreichen, dass wir 9 Sitze besetzen konnten.

... betont NSDAP-Fraktionsvorsitzender Wieland. Wir können uns heute wohl schon vorstellen, wie diese Verhandlungen ausgesehen haben. Am 27.Juni 1933 legen die beiden BVP - Stadträte Weilhammer und Maier ihre Mandate nieder. Die übrigen fünf BVP Stadträte geben folgende Erklärung ab: Die BVP habe sie von ihrem Treue-Verhältnis entbunden. Sie ersuchen nun die NSDAP um Aufnahe und stellen der NSDAP anheim, über ihre Stadtratsmandate nach Ermessen zu verfügen.

Am 17. August 1933 besetzen die Nationalsozialisten sämtliche bisher von der BVP besetzten Stadtratsitze. es gibt nur noch NSDAP-Stadträte im Dillinger Stadtrat. Die "Gleichschaltung" ist damit auch in Dillingen vollendet.