Gründung nach dem 1. Weltkrieg

Am 13.11.1918 erscheint im Donauboten eine Einladung zur Gründungsversammlung einer

"Ortsgruppe der sozialdemokratischen Partei"

am selben Abend im Bayerischen Hof in Dillingen, zu der unter anderem "alle alten Parteigenossen" eingeladen sind.

Ganz offensichtlich gibt es in Dillingen und Schretzheim schon bisher vereinzelt Mitglieder der Sozialdemokartischen Partei. So wird Josef Saur 1956 für seine 60jährige Mitgliedschaft in Schretzheim geehrt. Aus dem Donauboten vom 14.11.1918 ist zu entnehmen, dass sich "45 Herren aus allen Ständen" im Ortsverein der Sozialdemokratischen Partei zusammenfinden. Es sind dies Mitglieder aus Stadt und Umland Dillingen.

  • 1. Vorsitzender: Leonhard Limmer (Feilenhauermeister)

  • 2. Vorsitzender: Franz Späth (Schuhmacher)

  • Kassier: Georg Jaser

  • Schriftführer: Josef Schreitmiller

  • Beisitzer: Leonhard Hillmair (Dachdeckermeister), Thaumiller und Nusser

Es ist die Zeit der Räte, der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte

Im September 1918 muss die Deutsche Reichsführung einsehen, dass der erste Weltkrieg verloren ist. Um die Existenz der Monarchie zu retten und die Verantwortung für den verlorenen Krieg abzuschieben, wird am 28. Oktober 1918 das "Parlamentarische System" eingeführt. Unter Einfluss der Mehrheitssozialisten (MSPD) wird eine Regierung unter Max von Baden gebildet. Aber die Reformen kommen zu spät.

Aufstände in der Hochseeflotte greifen auf das Reich über. In der Revolution bilden sich spontan Arbeiter- und Soldatenräte, die politische und militärische Gewalt in Deutschland übernehmen. Sie wollen den Krieg beenden und die alte politische und militärische Führungsschicht ablösen. Am 08. November 1918 proklamiert der Arbeiter- und Soldatenrat in München die souveräne "Bayerische Republik". Ministerpräsident wird Kurt Eisner (USPD).

Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat in Dillingen

Bereits am Samstag, 09. November 1918, wird im Rathaussaal in Dillingen ein provisorischer Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat für den Bezirk Dillingen gegründet. Noch am selben Tag erlassen die Räte eine Bekanntmachung, wonach das gesamte Polizei- und Sicherheitspersonal im Auftrag und unter Kontrolle des Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrates arbeite. Der Stadtmagistrat unter Bürgermeister Degen erkennt den Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat noch am 9. November 1918 an, erklärt jedoch, dass die Amtsgeschäfte unverändert von den Behörden weitergeführt werden. Am 15.11.1918 wird ein Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat speziell für die Stadt Dillingen gegründet (25 Mitglieder). In diesem wirken neben Sozialdemokraten Vertreter aller Stände und Parteien mit, was eine Ausnahme unter den bayerischen ABS-Räten darstellt. Den ABS-Rat vertreten:

  • 1. Vorsitzender: Ludwig Tröger, Redaktionsleiter (DDP)
  • 2. Vorsitzender: Leonhard Limmer (SPD)
  • Schriftführer: Franz Renner (SPD)

In Dillingen gibt es zu diesem Zeitpunkt zwei kommunale Gremien, das "Gemeindekollegium" und das "Magistratskollegium". Es wird vereinbart, bis zur Neuwahl der Gemeindegremien diese durch Vertreter des ABS-Rates zu erweitern. Als neue Magistratsräte werden bestimmt:

  • Prof. Naderer (DDP)
  • Leonhard Limmer (SPD)
  • Josef Schefenacker (BVP)

Das "Gemeindekollegium" wird um sechs Sitze erweitert:

  • Kleinle
  • Frey (Soldatenrat)
  • Leonhard Hillmaier (SPD)
  • Franz Späth (SPD)
  • Thaumiller (SPD)
  • Hermann Buchmiller

Der Vorsitzende des ABS-Rates, Tröger, erklärt ausdrücklich, der ABS-Rat trage nur provisorischen Charakter und werde sich nach den Wahlen zur Nationalversammlung von selbst wieder auflösen.

Am 01.12.1918 findet die erste sozialdemokratische Volksversammlung in Dillingen mit dem Landtagsabgeordneten Renner im Stiftsgartensaal statt.

Der am 29.November 1918 gegründete Ortsverband der Bayerischen Volkspartei hält am 10. Dezember 1918 ebenfalls im Stiftsgartensaal seine erste Versammlung ab. In dieser greift der Referent in Anwesenheit "der herbeigeschleppten Kandidatinnen, sowie Mitglieder der Mädchenheim- und Jungfrauenvereine" - so der Donaubote - die Sozialdemokraten mit einer Brandrede an.

Sogar in der Chronik der Dillinger Franziskanerinnen ist diese Versammlung erwähnt: "Ebenso beteiligten sich die beiden oberen Klassen der Lehramtskandidatinnen am 10. Dezember an einem politischen Abend der Bayerischen Volkspartei. Die Rede wurde durch die zahlreich anwesenden Gegner der Partei, die Sozialdemokraten, häufig unterbrochen."